Wir sind inzwischen in München und treten seit zwei Tagen im GOP Varietee München auf. Die Premiere am Mittwoch ist gut gelaufen, auch wenn die Stagehands tatsächlich noch etwas konfus waren. So sollten zwei der Stageshands auf der B Seite sein (das ist die Seite vom Publikum rechts... das wiederum geht auf das GOP Bad Oeynhausen zurück, wo "A" für Aussenwand steht, denn die A Seite (vom Publikum aus links) hat die Außenseite zum Park und B geht eher Richtung Künstlerwohnungen nach innen ins Gebäude). Diese Bezeichnungen helfen ungemein, da bei "rechts" und "links" vermutlich nur die Holländer wissen, was gemeint ist... Jedenfalls sagen wir zum Schluss ja alle "Gewerke" an, nämlich Technik, Backstage und Service, als ich auf "Backstage" nach B deutete, hörte ich, wie jemand aus A anfing zu rennen, dann aber hörte ich auf der B Seite ein lautes Scheppern. Die Stagehand kam nicht. Wir machten weiter. Der junge Mann war gerannt, dann aber über einen ungesichterten Autoreifen (von Thomas Staath) gestolpert und war auf unsere Pyramidenillusion gefallen.. Zum Glück hat er sich nicht viel getan.
Das Publikum hier in München ist tatächlich ganz anders als in den anderen nordischen Städten, die wir bisher mit "Multiversum" besucht haben. Tatsächlich lachen sie von der Intensität her an ganz anderen Stellen als im Norddeutschen Raum. Vor allem aber ist das Publikum aktiver, sie mischen mit ... mit der Konsequenz, dass sie dabei mehr verraten über sich selbst, als sie vielleicht vor hatten. So hat eine Dame bei einem unserer ersten Witze, dem Himbeergeistwortspiel, laut: "Kindergarten" gesagt. Wir haben es überhört und ich habe mich erst kurz geärgert, wie man so negativ sein kann, denn die Aussage war ja offensichtlich als "Empörung" gemeint. Nun, ich gebe zu, dass der Witz spaltet und schon hier und da zu einem "Stöhner" geführt hat, aber "Kindergarten" hatte eine neue Qualität. Und das in einer Premiere. Dann aber tat mir die Frau auch irgendwie leid, denn wie die Struktur unserer Show eben so ist, waren zum Schluss 99 % des Publikums begeistert und sie musste sich jetzt damit auseinandersetzen, ob sie ihren ursprünglichen Kommentar zurücknimmt oder ob sie bei ihrer negativen Grundhaltung bleibt. Tatsächlich kenn ich Personen, die so ziemlich auf jeden Witz mit Stöhnen antworten, selbst wenn sie ihn kaum verstanden haben. Nehmen wir mal den Witz:
Kommt ein Mann zum Psychiater und sagt: "Doktor, mein Bruder ist verrückt er denkt er ist ein Huhn."
Doktor: "Warum bringen sie ihn nicht ins Irrenhaus?"
Darauf der Mann: "Das würd ich ja gern, aber ich brauch die Eier."
Hier kann man genauso einfach stöhnen oder lachen oder einfach resepktvoll nicken. Es kommt auf den Hörer oder die Hörerin an! Witzreaktionen sagen Dir vor allem etwas über die Zuörenden und nicht so sehr über die Erzählenden. So sagte schon Vera Birkenbiel: An ihrem Lachen sollt ihr sie erkennen! Natürlich sagen Witze auch etwas über die Erzählenden. Wer rassistische oder gewalttätige Witze erzählt, hat den Knall nicht gehört. Inzwischen haut Kasperle auch nicht mehr aufs Krokodil sondern sperrt es ein. Bei sexuellen Witzen ist es etwas schwieriger. Ich finde ja folgenden Witz tatsächlich immer noch lustig, obwohl er eigentlich ein Thema behandelt, das mit sexueller Gewalt zu tun hat:
Ein Geschäftsreisender ist in einer Pension in einem kleinen Dorf untergebracht. Abends geht er zur Rezeption und fragt:
- Sagen Sie mal, ich bin total geil. Gibt es hier einen Puff?
- Nein, einen Puff gibt es hier nicht. Aber wir haben hier den Bernd, der kostet 100 Euro.
- Hmm, naja, wenn's sein muss ... Aber 100 Euro ist ganz schön viel, warum ist denn das so teuer?
- Naja, 20 Euro bekommt der Bürgermeister, damit er darüber hinwegsieht. Der hat das nämlich nicht so gerne, was da in seinem Dorf passiert.
- Dann bleiben noch 80 Euro, das ist immer noch recht viel ...
- OK, 20 Euro gehen an den Hotelinhaber, der hat das nämlich auch nicht so gerne.
- Und was ist mit den restlichen 60 Euro?
- Je 20 gehen an den Andi und den Herbert.
- Wer sind denn der Andi und der Herbert?
- Das sind die beiden, die den Bernd festhalten. Der hat das nämlich auch nicht so gerne ...
Ich bin aber auch auf einen sehr schönen bayrischen Witz gestoßen:
Ein Bayer unterhält sich mit seinem norddeutschen Nachbarn am Gartenzaun. “Gestern war I in da Oper.” – “Ach, das klingt ja ganz wunderbar. Was wurde denn gegeben?”
“Sowas griechisch’s, Orpheis.” – “Bitte was?” – “Na, Orpheis hoid. Diesa griechische Sänger, der in da Unterwäid gsunga hod, wei sei Frau tot war und dann hodas wieda verlorn, Depp bleda.”
“Ach! Sie meinen Orpheeeeeus. Die Intonation ist Orph-e-u-s. Nicht Orpheis. Orpheeeeeus.”
Der Bayer schaut kurz verwirrt, dann sagt er: “Na, des glab I ned. Des hoast ja ah ned Sche-uß Pre-uß, sondern Scheiß Preiß.”
Auch schön:
Ein Engländer ist das erste mal in den Alpen. Da sieht er einen Mann um nach dem Weg zu fragen. "Hello, Mister!""Na, I bin hier nicht der Mister, sondern der Melker!"
Vielleicht hat dieses überhebliche und ablehnende Element auch etwas mit der Geschichte von Bayern und Preußen zu tun. Es gab ja einen schrecklichen "Deutschen Krieg" von 1866, der aus dem Bewusstsein von uns Preußen zumindest ziemlich verschwunden ist. Da ging es um einen Krieg zwischen Preußen und Österreich um die Vormachtstellung und Bayern hat sich fatalerweise auf die Seite Österreichs geschlagen. Der Krieg muss schrecklich gewesen sein und endete schließlich mit einem Deutschen Reich unter dem Preußen Kaiser Wilhelm und Bismarck 1871. Insofern muss man den Bayern und Bayerinnen eben verzeihen, wenn sie sich über das "Fremde", vor allem über das Preussische erheben. Es ist vielleicht ein Reflex, sich gegen die Vereinnahmung zu wehren.
Lustig war auch, wie der eine Bühnenhelfer beim Fussballspiel (ich bin froh, dass es inzwischen wieder andere Themen gibt) Deutschland Spanien sagte: Spanisch klingt echt krass wie Mexikanisch. Ich hab leise gelacht, aber intensiv. Das erinnert mich an den Witz: Sagt der Sepp aus München: "Dös Englisch is a komsche Sproach: I hoast Ei, Ei hoast Eck, Eck hoast koaner und koaner hoast nobody..."
Schade eigentlich, dass Österreich in der EM nicht gegen Ungarn gespielt hat, dann hätte man den Witz machen können: Heute spielt Österreich Ungarn. Gegen wen?
Und noch ein selbst ausgedachter Witz: Wie nennt man ein Dorf, in einem Moorgebiet? Torf.
Ich war auf dem Abiball meiner Tochter, der fand im Admiralspalast statt, ein tolles Gebäude. Es gab ein Büffett und die Veranstaltenden hatten die Idee, dass jeder Tisch einen Song auf seinem Tisch stehen hat und immer wenn der Song spielte, sollte der Tisch zum Büffet aufbrechen. Leider waren die Songs nicht auf das Publikum abgestimmt und niemand kannte die Lieder (ich hatte "Pon de Replay" von Rihanna, naja, das ging noch, aber im Durchschnitt waren die Gäste ja um einiges älter...), so dass nach einiger Zeit niemand mehr auf die Songs achtete und am Büffet ein heilloses Durcheinander entstand. Ich saß einem Vater gegenüber, der Historiker war, das war höchst interessant, hätte mich den ganzen Abend mit ihm austauschen können. Er war vor allem so wohlwollend, was meine Unkenntnis anbetraf. Ich stellte die provokante Frage, was denn sein Spezialgebiet wäre und er sagte: Frühe Neuzeit... ich: "äh... 19. Jahrhundert? 20.?" Er: "Ja genau, Spätmittelalter bis zur Moderne!" (Also 15.-Ende 18.Jahrhundert). Herrlich.
Gegendarstellung grüne Großstädte: München ist auf Platz 5, nicht 72! Da hatte ich wohl eine falsche Quelle. München kommt damit direkt nach Magdeburg!
Apropos Magdeburg: Simsala! Kommt nach Braunschweig am 07.09.2024!
Songs für den Podcast Komische Gespräche Folge 224:
Pon de replay Rihanna
Aramsamsam Simone Sommerland
Comments