Abge**chster Zauberer
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- 29. Nov.
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Die Woche war ereignisreich, ich war in Kreuztal (bei Köln) und habe dort eine Illusion erstanden für unsere nächste Saison im Europapark, dann war ich in Rastatt und habe dort die gekaufte Illusion zum Aufhübschen hingebracht und eine andere Illusion abgeholt und ich war in Landau, wo wir eine Illusion angeschaut haben und wohl demnächst kaufen werden. Und ach ja: Wir hatten Pressepremiere. Eigentlich dachten wir ja alle, wir hätten die Premiere schon längst gespielt , denn vor einer Woche hatten wir Generalprobe und dann am Tag danach die erste öffentliche Show, aber tatsächlich kam noch eine Premiere am vorgestriegen Donnerstag hinzu: Die Pressepremiere. Das Stadtmarketing Heidelberg war da und mehrere PressevertreterInnen. Der Abend wurde mit seinem Verlauf immer feucht-fröhlicher, schon bald waren die Gäste nicht mehr recht aufmerksam... was einen lieben Kollegen (ich sag mal nicht, wen :-)) dazu verleitete zu einem besonders unaufmerksamen Tisch zu sagen: "Ich mach den Scheiß hier ja nicht für mich!" :-))) ; und schließlich gingen wir ArtistInnen nach der Show ins Foyer, um den Glanz der Bühne noch etwas nachleuchten zu lassen. Eine Pressedame mit Kameramann und großem Mikrofon kam auf uns zu und hielt uns - sichtlich angetrunken - das Mikrofon unter die Nase und sagte: 10 Jahre Wintervarietee ... was sagt ihr dazu? Dann die nächste Frage: Ich kann mir vorstellen, dass man als Künstler auf der Bühne ganz schön abgewichst sein muss; stimmt das? Erst haben wir ob der Frage recht große Augen gemacht und dann mussten wir doch sehr lachen. Auch der Kameramann fing an, glucksend mit seiner Kamera zu wackeln, er war offensichtlich nicht ganz so abgew**hst.
Inzwischen habe ich eine Art Alleinstellungsmerkmal entwickelt, das mir sehr gefällt: Witze, die nicht ankommen. Tatsächlich macht mir das nicht mehr viel aus, wenn Witze nicht zünden, denn die Stille nach dem vergeigten Witz ist extrem lustig. So hatten wir einen Promotionauftritt im Pfalzbau in Ludwigshafen und da die Messe (MICE) noch recht neu war, war sie noch etwas spärlich besucht. In dem "Großen Saal" in dem wir auftraten und der bis zu 1300 Menschen fasst, saßen 25. Ich habe dann einen meiner Lieblingswitze gemacht ("Ich freue mich, dass doch einige Gäste gekommen sind, wir hatten ja letztens einen Auftritt, da war nur ein einziger Herr gekommen und ausgerechnet der bekam dann auch noch Verfolgungswahn, er dachte immer hinter ihm da sitzt einer!") und die Stille danach war fantastisch lustig. Das wichtige bei solchen "stummen" Witzen ist, dass man sich auf keinen Fall verspricht. Sonst ist die Stille nicht lustig.
Ich bin etwas traurig, denn ich hatte eine weitere lustige Idee für die neue Show im Europapark ab März; diese Idee wurde in internen Gesprächen abgeschmettert, vielleicht auch aus nachvollziehbaren Gründen... ich will Euch die Idee aber nicht vorenthalten: Das Theater ist eine Wasserwelt, alles ist in Blau, Blasen steigen auf, ein Fisch schwimmt herum, ich (Dima) komme mit einer großen Taucherglocke, die ebenfalls Seifenblasen aufsteigen lässt, auf die Bühne. Dann entdecke ich einen Faden, ich ziehe daran, er wird zu einem Seil, dann zu einer Kette und als ich daran ziehe, löst sich ein Stöpsel und das Wasser läuft ab. Ich nehme die Taucherglocke ab, darunter ist noch eine, darunter ist noch eine und schließlich begrüße ich die Gäste.
Dima (ich) kann es sich nicht genau erklären, aber plötzlich schwimmt eine Meerjungfrau in der durchsichtigen Truhe in seinem Labor. Er sagt, da hat sich wohl was verfangen… Nebel … in der Truhe ist eine Person erschienen, die sehr aussieht wie Mina.
Dima befreit sie aus der Truhe und sagt "Mina". Sie würgt etwas hervor, nämlich einen Fisch, dann noch einen Fisch, noch einen Fisch und dann einen langen Algenstreamer. Dann singt sie ihr Lied, die Geschichte, warum sie in dieser Kiste ist.
Sie hat nämlich einen Pakt mit der Meereshexe geschlossen. Sie macht ein Praktikum unter Wasser für ein Jahr, dachte sie, sie hat aber das Kleingedruckte nicht gelesen, das sie für immer an die Wasserwelt bindet . Außerdem hat sie ihre Stimme verloren und darf nur noch singen und nicht mehr sprechen. Sie hat nur Zeit bis Donnerstag, den Zauber zu brechen, sonst ist sie für immer unter Wasser. Heute ist Donnerstag.
Dima versucht, ihr klarzumachen, dass, wenn sie singen kann, sie doch auch sprechen kann. Sie singt weiter, und Dima entfernt ihren Gesang durch mehrere Illusionen. Diamond muss schließlich aus der vierten Dimension (eclipse) ihren Vertrag holen, sie kommt zurück und zerreißt ihn in 1000 Teile (Schneesturm) und sie kann an Land bleiben. Sie würgt noch einen Fisch hervor.
Ende
Nun, die Idee ist ja nicht komplett verloren, immerhin konnte ich sie hier erzählen.
Eine weitere Idee ist, ich hänge mich als Pinata verkleidet über der Bühne auf, in einem Riesigen gepolsterten Kostüm und die Leute bekommen Stöcke, müssen nach mir hauen aber die Stagehand zieht mich immer rechtzeitig weg.
Dann hab ich geträumt, dass ich einen Auftritt hatte und dann hab ich mein Mikrofon vergessen beim auf die Bühne gehen und dann finde ich’s erst nicht. Bin dann im Scheinwerfer und sehe, dass ich keine Schuhe an hab. Bin also barfuß auf Socken und dann ist Diamond nicht mehr da, ich war wohl länger weg; und die Leute die ich ansagen wollte sind auch nicht da und ich fange an einfach so zu reden. Und mach auch ganz gute Witze. Ich sage: ich bin ja Zauberer und es ist gut Zauberer zu sein da kann man sagen, was man will. Muss ja auch nicht lustig sein, sonst wär ich ja ein Comedian.
Schließlich stelle ich fest, dass niemand im Publikum sitzt und da ist nur Rasen, ein bisschen wir die Wiese am S Bahnhof Schlachtensee, erst denke ich, es war vielleicht nie Publikum da, aber dann sehe ich, dass da Müll rumliegt, also muss doch Publikum da gewesen sein.
Dann hab ich vom Duschen geträumt hab mich total eingeseift und hab mich schon gefragt, was das bedeuten kann, jetzt bin ich drauf gekommen: Träume sind Schäume!
Ich lese derzeit recht viel, habe "Du hättest gehen sollen" von Daniel Kehlmann gelesen, sehr zu empfehlen, sehr spannend; sein Buch "der fernste Ort" ist etwas abstrakter. Der fernste Ort ist übrigens Thule, eine Insel, die unvorstellbar weit weg gewesen ist. Funfact: ich habe ab 1999 für ein Jahr in der Thulestrasse gewohnt in Berlin. Heute verortet man Thule in Kaffeklubben
Dann habe ich "Aus dem Leben eines Taugenichts" gelesen von Eichendorff, erinnerte mich etwas an die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull, hat Spaß gemacht, auch wenn ich einige Wörter nachschlagen musste, weil sie mir nicht mehr geläufig waren. Zum Beispiel "Blauer Montag" (Handwerker schliefen Montags ihren Rausch aus) und "Schnapphahn" (Wegelagerer). Insgesamt kann man sagen, dass der Taugenichts sehr oft einschläft, er wandert bis nach Rom und läuft und geigt und schläft ein und wenn er aufwacht ist immer etwas passiert. Verwirrend wird es zum Schluss, da hat Eichendorff glaube ich auch den Faden verloren, es gibt eine Aurelie, eine Rosette, eine Flora, die aber ein Mann ist, der Leonhart heißt, es gibt eine Gräfin, die aber keine Gräfin ist, was man unter anderem wohl daran erkennt, dass sie mit dem Taugenichts "Knackmandeln" teilt. Jedenfalls gibt es ein Happy End, aber worin das Happy End genau besteht, bleibt unklar. Auch der Name vom Taugenichts wird nie genannt.
Dann war ich im Theater bei "King Lear" und habe mal wieder festgestellt, dass Shakespeare auch heute noch aktuell ist. In King Lear geht es letztlich um einen Vater, der sein Reich abgibt aber es dennoch nicht lassen kann, sich weiter einzumischen und vor allem geht es um eine toxische Vaterfigur, die Respekt und Schmeichelei von seinen Töchtern erwartet, anstatt seine Töchter einfach nur zu lieben. Die Schauspielenden des Theater Heidelberg waren unglaublich, auch der körperliche Einsatz der Töchter war enorm, sie musste eine Weile in einer Pose verharren, da bekam ich tatsächlich Schmerzen beim Hinsehen!
Am Montag gehe ich wieder ins Heidelberger Theater zur "Kleinen Hexe" und ich habe auch im Dezember den "Lebkuchen Mann" in Ludwigshafen geplant.

Songs der Woche: Jäger aus Kurpfalz von Heino und "Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren" von Alfred Scholl.
Funfact: Als am wahrscheinlichsten wird in der neueren Forschung die These angesehen, der pfälzische und bayerische Kurfürst Karl Theodor (1724–1799) sei Vorbild für den Jäger aus Kurpfalz gewesen. Dieser war Großmeister des Hubertusordens und veranstaltete gerne Prunkjagden; auch hatte er "Kuckucks"- Kinder aus zwei außerehelichen Verbindungen. Helmut Kohl wählte den Jäger aus Kurpfalz beim großen Zapfenstreich. Apropos Kurpfalz: Boris Becker stammt aus Leimen, sieben Kilometer südlich von Heidelberg. Er ist ja verlobt mit einer Lilian aus Italien, sie muss wissen, was sie tut... sie ist Risikoanalystin.


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